Tag 1: 01.10.2022
Unsere Reise beginnt am frühen Samstagmorgen um 5.00 Uhr am Zürcher Flughafen. Beim Check-In hieven wir einen um den anderen Koffer auf die Gepäckwaage. In weiser Voraussicht fotografiert Mathis unsere aus 12 Gepäckstücken bestehende Koffersammlung. Um 7:45 Uhr startet unsere Air France Maschine nach Paris.
Beim Transit am Charles de Gaulle Flughafen geraten wir aufgrund der kurzen Umsteigezeit und der langwierigen Passkontrolle etwas ins Schwitzen. Wie sich später herausstellt völlig unbegründet: Unser Flugzeug in Richtung Lomé startet wegen eines technischen Defekts mit 3 Stunden Verspätung.
Während den meisten von uns die Augen zufallen, sorgt bei Mathis und Charlotte ein medizinischer Zwischenfall an Board kurz für Aufregung - Glücklicherweise nichts Ernstes.
Es ist spät in der Nacht, als wir nach einer Zwischenlandung in Niamey schliesslich in Lomé eintreffen. Nach einem Abgleich mit unserem Gepäckfoto aus Zürich wird klar: Nur sieben der ursprünglich 12 Koffer haben es in Paris auf unseren Flug geschafft.
Vor dem Flughafen werden wir herzlich von Père Theo und den Betreibern der Rot-Kreuz-Unterkunft in Vogan empfangen. Dank der neu ausgebauten Strasse und dem zügigen Fahrstils unseres Chauffeurs Agouda erreichen wir innert 50 Minuten die Unterkunft in Vogan. Nach einem warmen Nachtessen ist ein erster aufregender Tag zu Ende und wir begeben uns erwartungsvoll, aber müde unter unsere Moskitonetze.
Erwartungsvolle Gruppe vor dem Abflug nach Lomé
Kunst am Strand von Lomé
Das Team am Strand von Lomé
Die Mitarbeitenden - Gaston, Emily und Justin - der Rotkreuzunterkunft Vogan
Der Stiftungsbus
Tag 2: 02.10.2022
Am Sonntagmorgen werden wir von lautem Gesang aus der nahegelegenen Kirche geweckt. Beim Frühstück erhalten wir die Nachricht, dass die offiziellen Dokumente des Gesundheitsministeriums nicht vorliegen. Nach einigen Abklärungen stellt sich heraus, dass unser Arbeitsgesuch aufgrund eines regierungseigenen Projektes im Spital kurzfristig abgelehnt wurde. Diese Information hat es von den togolesischen Schreibtischen leider nicht rechtzeitig vor unserer Abreise in die Schweiz geschafft. Die Räumlichkeiten des Spitals werden im Rahmen einer landesweiten Kampagne gegen Blindheit für Augenoperationen gebraucht. Um uns abzulenken und den Kontakten in der Regierung und Verwaltung etwas Zeit zugeben, beschliessen wir einen Ausflug nach Lomé zu machen.
Wir fahren los - zuerst über rote Lehmpisten, dann über eine asphaltierte vier-spurige Strasse. Nur wenige Meter neben der Hauptstrasse befindet sich das Hôtel École Safari. Aufgebaut und geführt wurde es durch die ehemalige zweifache Opening-Eyes-Togo-Patientin Irma Boto-Schneider. Mittlerweile ist sie verstorben. Eine Gedenktafel am Eingang erinnert an das Schaffen der nach Togo ausgewanderten Schweizerin, die sich besonders für die Ausbildung junger Togolesen und Togolesinnen eingesetzt hat. Einige unserer Gruppe haben Irma Boto-Schneider persönlich gekannt, weshalb wir uns freuen in ihrem Restaurant Mittagessen zu können. Das togolesische Riz Casimir - sind wir uns einig - kann sich ruhig mit seinen Schweizer Pendants messen.
In unserem VW-Bus geht die Reise weiter an den Strand von Lomé. Trotz des bewölkten Himmels tummeln sich Eisverkäufer, Familien und Fischer am Strand. Eine Gruppe Jugendlicher misst sich mit akrobatischen Kunststücken und Saltos untereinander. Wir geniessen die ausgelassene Stimmung und schauen der Sonne beim Untergehen zu. Morgen stehen Gespräche mit dem Präfekten und den lokalen Augenärzten an, um unseren Einsatz doch noch zu ermöglichen.
Tag 3: 03.10.2022
Am Morgen besprechen Dominique und Mathis die Situation mit den lokalen Vertretern der Klinik und mit dem Präfekten (entspricht unserem Regierungsrat). Nachdem die Delegation wieder abgereist ist steht fest, dass es für uns im Spital von Vogan keine Möglichkeit gibt aktiv zu werden. In einem befristeten, regierungseigenen Projekt werden erstmals im ganzen Land Katarakt-Operationen durchgeführt. Aktuell verweilt zusätzliches togolesisches Medizinalpersonal in Vogan und sie haben bisher 900 Patienten operiert. Eine Kooperation des hiesigen und unseres Teams ist aus Platzgründen nicht möglich. Allseits wird grosses Bedauern bekundet.
Wir beschliessen baldmöglichst die Heimreise anzutreten. Dominique hat Kontakte zu Hilfsprojekten im nahegelegenen Ghana. Sie plant mit Nives und Samira ein Spital im Osten Ghanas zu besuchen. Für den Rest der Gruppe werden die Rückflüge nach Zürich für den nächsten Tag gebucht.
Nach einem kurzen Besuch im Spital beschliessen wir einen letzten Ausflug nach Togoville zu machen. Nach einer stündigen Fahrt über eine holprige Lehmstrasse mit unzähligen Schlaglöchern kommen wir in Togoville an. Kaum sind wir aus dem Auto gestiegen, führt uns ein Touristenführer zu den lokalen Attraktionen – einem Ziehbrunnen, einer Statue, einer Kirche und an den wunderschönen Lake Togo.
Zurück in der Rot-Kreuz-Unterkunft erwarten uns sechs der sieben verlorenen Koffer aus Paris. Einige von uns sind froh, sich wieder mit frischen Textilien versorgt zu wissen. Wir geniessen unser letztes gemeinsames Nachtessen.
Zubereitung des Manioks in der Rotkreuzunterkunft
Lake Togo
Unser Untersuchungszimmer im Spital in Vogan
Ankunft in Zürich
Besuch im Operationssaal bei den Augenärzten des Regierungsprojektes im Spital Vogan
Kataraktoperation im Spital Vogan im Rahmen des Gesundheitskampagne
Die Statue in Togoville zeigt die erfolgreiche Kooperation zwischen Schwarz und Weiss
Unser Bus – nicht mehr fahrtüchtig
Tag 4: 04.10.2022
Der letzte Tag bricht an. Die Mitarbeitenden der Unterkunft – Gaston, Emily und Justin – sind traurig aufgrund unserer verfrühten Abreise. Für sie bedeutet unsere Rückreise eine starke finanzielle Einbusse, was uns natürlich auch bedrückt.
Kurz vor 11 Uhr machen sich Nives, Samira und Dominique auf in Richtung Ghana. Agouda bringt sie bis an die Grenze, wo sie von einem Mitarbeiter des ghanaischen Spitals abgeholt werden sollen.
Da wir den berühmten Wochenmarkt von Vogan nicht mehr miterleben können, beschliessen wir mit Hilfe von Emily Stoffe einzukaufen. Emily führt Sophie und Romy durch die Strassen von Vogan bis zu einem Innenhof, der von einem Komplex aus einfachen Hütten begrenzt wird. Während wir einige Minuten unter dem prächtigen Mangobaum warten, kommt eine etwas ältere Frau auf einem Motorrad vorgefahren. Sie führt uns in ihr Haus und wir dürfen mitten in ihrem Wohnzimmer viele bunte Stoffe bestaunen und anprobieren. Immer mehr Stoff holt die Frau aus ihren Schränken. Was für ein Erlebnis!
Im Verlauf des Tages machen wir noch einen Abschlussbesuch im Spital von Vogan. Es ist viel los. Aufgrund der Regierungsmission zur Bekämpfung der Blindheit ist auch viel Militär anwesend. Mathis kann Romy, Charlotte und Sophie nun doch noch die verschiedenen Departemente innerhalb des Spitals zeigen. In der Maternité und der Kinderabteilung werden wir mit grossen Augen gemustert. Ausserdem können wir einen kurzen Blick in den OP erhaschen. Es wird gerade ein 12-jähriges Kind wegen einer Hernie operiert - in Spinalanästhesie. Plötzlich kommt ein Anästhesist aus dem OP gestürmt, begrüsst Mathis freudig und verschwindet sogleich wieder. Nach einigen Minuten kommt er mit einem Defibrillator-Gerät zurück und erklärt uns, dass er dieses kürzlich lebensrettend nutzen konnte. Genau diesen AED hat Mathis letztes Mal aus der Schweiz mitgebracht.
Gegen Abend verstauen wir unser Gepäck im Kofferraum des VW-Busses, um die Heimreise in Richtung Zürich anzutreten. Agouda chauffiert uns zum Flughafen in Lomé. Nach nicht einmal 15 Minuten hören wir einen Knall, wir verlieren an Fahrt und Rauch steigt aus der Kühlerhaube. Agouda steuert unseren Bus bei beginnender Dämmerung an den Strassenrand. Ratlosigkeit macht sich breit. Unser Bus ist nicht mehr fahrtüchtig. Nach einer Stunde werden wir von einem Ersatzfahrer aus dem Spital abgeholt, damit wir den Flug nach Paris nicht verpassen – Zum Glück hat Charlotte auf einen frühen Aufbruch aus Vogan bestanden und wir erreichen den Flughafen noch rechtzeitig.
Einerseits traurig über die aktuelle Unmöglichkeit unseres Einsatzes, anderseits den Erfolg des Regierungsprojektes gegen Blindheit anerkennend, besteigen wir zu viert den Air France-Flug nach Paris und kommen viele Stunden später in Zürich an. Wir wissen, dass es trotz alledem weitere Hilfseinsätze zu Gunsten der ärmsten Togolesen und Togolesinnen geben wird.